Sportakrobatik

Vierfache Sachsen-Power für ein glänzendes Finale

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In der Sportakrobatik erlebt der deutsche Vierer vom Dresdner SC am Sonntag bei den World Games in Chengdu seinen letzten gemeinsamen Wettkampf. Trainer Aleksandr Hauk glaubt fest daran, dass seine Jungs um eine Medaille mitkämpfen können.

LETZTER GEMEINSAMER WETTKAMPF FÜR DEN VIERER

Das Format „Zwei Stühle, eine Meinung“ mit Olli Dittrich und Wigald Boning hat in den 90er-Jahren dazu beigetragen, die TV-Sendung „RTL Samstag Nacht“ zum Comedy-Kult zu machen. Am Mittwochnachmittag wurden im Teamquartier der deutschen World-Games-Delegation in Chengdu noch drei Stühle dazugestellt, das Ergebnis aber blieb das gleiche. Andreas Benke, Aaron Borck, Pascale Dresler und Carl Frankenstein waren mit ihrem Trainer Aleksandr Hauk in so gut wie allen Fragen einig. Vor allem darüber, welche Emotionen am Sonntag freigesetzt werden dürften, wenn der deutsche Sportakrobatik-Vierer bei den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten im Dong’an Lake Sports Park Multi-Function Gymnasium in Chengdu auf die Matte geht, herrscht Konsens.

„Es wird unser letzter gemeinsamer Wettkampf sein, und das beim wichtigsten Event, das unser Sport bereithält. Das ist für uns alle etwas ganz Besonderes“, sagt der Coach, der seine Formation 2021 übernahm und seit nunmehr vier Jahren zusammenhält – in der Sportakrobatik ist das eine lange Zeitspanne. 2022, als in Birmingham (USA) die bislang letzte World-Games-Ausgabe ausgetragen wurde, war das Quartett vom Dresdner SC nicht qualifiziert. „Umso schöner ist es, dass wir das zum Abschluss noch einmal gemeinsam erleben dürfen“, sagt Carl, und die anderen nicken zustimmend.

PASCALE MÖCHTE ZUM ZIRKUS WECHSELN

Dass sie sich nach dem China-Abenteuer als Gruppe auflösen, hat unterschiedliche Gründe. Coach Hauk (27), der 2019 aus Düsseldorf zum DSC gewechselt war, wird im September Vater, er will sich dann auf seine familiären Aufgaben und das Referendariat als Sport- und Deutschlehrer am Dresdner Sportgymnasium konzentrieren. Carl (21) wird seine Karriere wegen anhaltender Knieprobleme zunächst komplett aussetzen und sich auf ein Medizinstudium außerhalb Dresdens fokussieren. Pascale (21) hofft auf ein Engagement im Zirkus, ein Casting beim Cirque de Soleil hat er gerade hinter sich gebracht. „Mit unserem Sport ist kein Geld zu verdienen, Zirkusengagements sind lukrativ und deshalb sehr beliebt“, sagt Aleksandr Hauk. Aaron (21), der nach bestandener Fachhochschulreife nun an der Hochschule für Technik und Wirtschaft studieren will, und Andreas (18), der noch Schüler an der Eliteschule des Sports ist, werden sich sportlich neu orientieren.

Seinen internationalen Durchbruch erlebte der deutsche Vierer bei der EM 2023, als er völlig unerwartet zwei Medaillen gewinnen konnte. „Damit hatte niemand gerechnet. Seitdem haben wir auch bei Weltcups einige Medaillen gesammelt“, sagt Carl, der als Mittelmann agiert. Obermann ist Andreas, der Kleinste und Leichteste im Team, der in Hebefiguren die oberste Position einnimmt. Aaron und Pascale sind die beiden Untermänner, die die Formation stabilisieren. Die gemeinsame Erfahrung von vier Jahren Training und Wettkampf ermöglicht, dass das Team perfekt miteinander harmoniert. „Wir verbringen mindestens 20 Stunden pro Woche miteinander“, sagt der Trainer, „da weiß man, wann man mal provozieren kann und wann man lieber die Schnauze hält.“

AUCH EIN FRAUEN-TRIO IST FÜR TEAM D AM START

Er selbst habe das Team mit seiner „Kopf-durch-die-Wand-Mentalität“ zu einer Einheit geformt, die gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen ist. Dennoch ist dem gebürtigen Kasachen wichtig, die Rolle von Petra Vitera hervorzuheben, die als Jugendtrainerin den Aufbau der Mannschaft initiierte und nun im Hintergrund viel Organisationsarbeit leistet. „Ich habe sehr viel von ihr gelernt, ohne sie wäre der Erfolg gar nicht möglich gewesen“, sagt er.

In Chengdu hätten ursprünglich drei deutsche Teams an den Start gehen sollen. Aber weil sich Diana Lust in der Vorbereitung beide Ellenbogen brach, kann sie mit ihrem Partner Daniel Blintsov nicht im Mixed-Paar antreten. Die beiden sind jedoch auf eigene Kosten mit nach China gereist, um die Mannschaft zu unterstützen – ein Zeichen für den Teamgeist, der in der Sportakrobatik herrscht. Neben dem Vierer ist noch ein Frauen-Trio aus Hoyerswerda, bestehend aus Tia Gazsi (20), Anna Jesse (22) und der jüngsten Team-D-Athletin Tara Engler (14), am Start, das am Samstag seinen Wettkampf bestreitet. Sieben deutsche Sportakrobat*innen, alle aus Sachsen – was ist das Geheimnis des Ostens? „Die sehr gute Sportstruktur mit Eliteschulen und gezielter Förderung“, sagt Aleksandr Hauk, „und auch die Einbindung von Trainern aus Osteuropa, die eine andere Schule einbringen.“

GESAMTER WETTKAMPF WIRD AN EINEM TAG DURCHGEZOGEN

Auch darüber, mit welchen Aussichten der Vierer in Chengdu antritt, herrscht Einigkeit unter den fünf Männern. Gastgeber China dürfte kaum zu schlagen sein, die Konkurrenz aus Israel, Aserbaidschan und der Ukraine ist stark – aber das Ziel, das Finale zu erreichen, halten die Deutschen, die im April bei der EM in Luxemburg Bronze gewinnen konnten, für realistisch. Dazu müssen sie in der Qualifikation, die aus je bis zu 2:30 Minuten langen Choreografien in den Parts Tempo und Balance besteht, zwei der sechs startenden Teams hinter sich lassen. Die besten vier kämpfen dann in einer Kombination aus Balance und Tempo um die Medaillen. Anders als bei den im Zweijahresturnus stattfindenden Großereignissen EM und WM wird bei den World Games das gesamte Programm an einem Tag durchgezogen. „Das ist körperlich eine echte Herausforderung und wird die Jungs an ihr Limit bringen. Wichtig ist vor allem, dass alle verletzungsfrei durchkommen“, sagt der Coach.

Doch selbst wenn es mit dem Erreichen des Finales nichts wird – ihr persönliches Finale werden sie trotz aller Strapazen genießen. „Es ist eine Once-in-a-Lifetime-Erfahrung für uns alle, auf die wir uns riesig freuen“, sagt Pascale, „wir werden alles dafür geben, dass wir unseren letzten Auftritt mit einer Medaille krönen.“ Dazu kann es nur eine Meinung geben: Daumen drücken für einen glänzenden Abschied!

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